In zwei aufeinander folgenden Jahren hat der Wirtschaftsbeauftragte der USA in seinem Jahresbericht Deutschland erwähnt, das sich im Rahmen der auswärtigen staatlichen Beschaffung diskriminierender Praktiken befleißige. Deutschland wird vorgeworfen, sich sowohl in öffentlichen als auch in privaten Bereichen so genannter „Sektenfilter“ zu bedienen, wodurch Bewerber jeglicher Verbindung zu einer Minderheitenreligion abschwören müssen, bevor sie vertragliche Verbindungen oder Anstellungsverhältnisse eingehen können.
Der Bericht hält Deutschland zugute, den Filter derart abgewandelt zu haben, dass er Firmen aufgrund der Zugehörigkeit ihrer Manager oder Angestellten zu Minderheitenreligionen nicht länger von Ausschreibungen um öffentliche Aufträge ausgrenzt. Menschenrechtsbeobachter anerkannten die Abänderung als einen Schritt in die richtige Richtung, halten jedoch fest, dass jeglicher Filter, der aufgrund religiöser Überzeugung diskriminiert, inakzeptabel sei.
Die „Sektenfilter“ sind nicht gesetzlich verankert, auf privatem Sektor mussten jedoch Arbeitgeber Druck und Boykott vonseiten gewisser Behörden fürchten, sollten sie diese nicht anwenden. Die Furcht ist mittlerweile im Abflauen, und immer mehr Firmen verweigern die Anwendung von Filtern, nicht zuletzt aufgrund zweier Entscheide deutscher Gerichte im Jahr 2000, die diese Filter für ungesetzlich erklärten.
Der US-Wirtschaftsbeauftragte im Büro des Präsidenten der Vereinigten Staaten repräsentiert Amerika in internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Er kann die USA veranlassen, Wirtschaftsverstöße durch die Welthandelsorganisation (WTO) zu ahnden, der sowohl Amerika als auch Deutschland als Mitglieder angehören.
Gerichte verurteilen Diskriminierung
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Gerichtsentscheide gezeigt, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten religiösen Gruppen stetig im Wachsen begriffen ist.
Gegen Ende des vergangenen Jahres erklärte das Arbeitsgericht in München den Einsatz der so genannten „Sektenfilter“ im öffentlichen und privaten Bereich als illegal, was schon von Menschenrechtsbehörden auf internationaler Ebene verurteilt worden war. Die Filter machen Anstellung und Vertragsabschlüsse von der Erklärung des Bewerbers abhängig, keinerlei Beziehung zu gewissen Religionsgruppen zu unterhalten.
Nach dem arbeitsgerichtlichen Entscheid im Fall „Winkler versus die Stadt München“ können sich Personen, ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit, weigern, derart diskriminierende Erklärungen zu unterzeichnen.
Der Entscheid des Münchner Arbeitsgerichts – ein Schlag gegen religiöse Diskriminierung – hielt sich an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall „Vogt versus Deutschland“. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Entlassung einer Lehrerin nur aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei einer speziellen Organisation eine Verletzung des Rechts der Kandidatin auf Rede- und Versammlungsfreiheit darstelle, welches durch die Artikel 10 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert sei.
Gegen Ende des Jahres 2000 verabschiedete der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des amerikanischen Repräsentantenhauses einstimmig eine Resolution, worin der Präsident der Vereinigten Staaten aufgefordert wird, die Verletzungen der Religionsfreiheit in Frankreich, Deutschland und Belgien gegenüber den Staatsoberhäuptern dieser Länder anzusprechen.
Die Resolution (HR 588) kritisiert einen Bericht des französischen Parlaments, der gegen 173 Religionsgemeinschaften gerichtet ist. Er wurde von privaten wie auch offiziellen Personen und Organisationen dazu verwendet, bestimmte Religionsgemeinschaften zu schikanieren, einzuschüchtern und ihren Mitgliedern Anstellungen oder Kredite zu verwehren. Mitglieder anderer religiöser Gruppen waren ebenfalls kürzlich der Diskriminierung und Schikanierung vonseiten der französischen Regierung ausgesetzt.
HR 588 hält fest, dass Juden, Zeugen Jehovas, Muslime, Mormonen, Mitglieder der Vereinigungskirche, Protestanten und katholische Gruppen, Quäker, Buddhisten und evangelische Kirchen Verstöße gegen ihre Rechte erlitten haben und dass Scientologen ziviler, politischer und wirtschaftlicher Diskriminierung, Schikanen, Überwachung und konzertierten Boykottmaßnahmen in Deutschland, Frankreich, Belgien und Österreich unterworfen waren ...
Sowohl die französische als auch die deutsche Regierung wurde in den letzten Jahren vom amerikanischen Außenamt für ihre Verstöße gegen die Religionsfreiheit scharf verurteilt. Aufgrund der diskriminierenden deutschen Geschäftspraktiken gegenüber Mitgliedern der Scientology Kirche setzte der Wirtschaftsbeauftragte der USA Deutschland im April letzten Jahres auf die Watchlist.
Fünfzig Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates unterzeichneten im April 2001 eine Deklaration, um ihrer Sorge über die Gesetzgebung Frankreichs Ausdruck zu verleihen, welche Religionsfreiheit erheblich einschränken würde.
Die Versammlung hatte bereits früher einen Sonderbeauftragten entsandt, um das Gesetz und die religiöse Diskriminierung in dem Land zu untersuchen. Die Ermittlungen wurden aufgrund eines Antrags der Mitglieder dieser Versammlung im November 2000 eingeleitet, da das Gesetz, welches den Staat ermächtigen würde, Minderheitenreligionen aufzulösen, der auch von Frankreich unterzeichneten Menschenrechtskonventionen zuwiderläuft.
Der Antrag lautet: „In einer demokratischen Gesellschaft können nicht Gesetze gemacht werden, die sich gegen einen Teil der Gesellschaft richten, einfach weil dieser keine Popularität oder nicht das Wohlwollen der aktuellen politischen Mächte genießt. Ein solches Verhalten widerspricht dem Recht auf Nicht-Diskriminierung aus religiösen Gründen, das durch Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt ist.“
Aufgrund der Dringlichkeit und der potenziell weitreichend schädigenden Auswirkungen, die das Gesetz haben könnte – es ist mittlerweile erlassen worden – bestellte die Versammlung einen Sonderbeauftragten um zu ermitteln und zu entscheiden, ob das Gesetz im Einklang steht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie anderen Menschenrechtsstandards des Europarates auf internationaler Ebene.
Würde man Frankreich oder einem anderen Mitglied des Europarates gestatten, die zum Schutz der Menschenrechte unterzeichneten Konventionen zu verletzen, indem Gesetze gegen Minderheitenreligionen zugelassen würden, „so wäre einer diskriminierenden und intoleranten Praxis Tür und Tor geöffnet, die die eigentliche Basis einer demokratischen Gesellschaft unterminieren könnte“, heißt es in dem Antrag.
Im Oktober 2000 erklärte die Steuerbehörde Englands die Scientology Kirche von der Mehrwertsteuer befreit. Die britischen Kirchen zählen weltweit zu den ältesten von Scientology.
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