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Ratschlag von Aussteigern?

Warum es manche Quellen immer falsch bringen werden.



Er war ganz und gar ein Monster. Ich bin froh, daß ich ihn los bin. Ich habe zwar keinen Beweis, aber ich weiß, daß er untreu war. Das sind doch die meisten Männer!”

     Glücklicherweise enden nicht alle Scheidungen mit Gegenbeschuldigungen. Anstatt sich den eigenen Vergehen zu stellen, versuchen manche, ihre Unzulänglichkeiten durch Schuldzuweisungen zu „rechtfertigen”.

     Es kann viele Gründe dafür geben, weshalb eine Ehe schiefgeht, aber eines ist sicher: Wenn ein junger Verwandter oder Freund wegen Heiratsangelegenheiten Rat sucht, wäre die letzte Person, die ihm dazu Anleitungen geben sollte, ein Geschiedener! In seiner Erbitterung würde er nicht nur seine Exfrau diffamieren, sondern auch die Institution der Ehe an sich.

     Die gleiche Logik wird auf vielen anderen Gebieten angewandt. Würden Sie, wenn Sie das Wagnis eingingen, sich zum ersten Mal in der Geschäftswelt selbständig zu machen, bei einem unverbesserlichen Bankrotteur Rat suchen, dessen eigene Geschäftserfahrung damit endete, daß er dabei erwischt wurde, unrechtmäßig erworbenene Anteile hinterzogen zu haben?

     Gehen wir der Sache auf den Grund. Die persönliche Erfahrung eines anderen kann unschätzbar sein, aber die Meinungen derjenigen, die aufgrund von Faulheit, Verantwortungslosigkeit oder Schlimmerem nicht ans Ziel gelangt sind, sind gewöhnlich zu verzerrt, um überhaupt von Wert zu sein.

     Und so ist die Sachlage auch hier: Die Faszination, die „frühere Mitglieder” von Religionsgemeinschaften auf Zeitungsreporter ausüben, wenn diese über religiöse Bewegungen schreiben, müßte auf allgemeines Unverständnis stoßen, aber moderne Journalisten sind allzu oft mehr an Schlagzeilen interessiert als daran, ihren Lesern Einblick in Fakten zu gewähren.

     Schon Bryan Ronald Wilson, Lektor emeritus der Soziologie an der Universität Oxford, vermerkte diese Neigung der Reporter.

     Von 1963 bis 1993 war er Mitglied des „All Souls College”; 1993 wurde er zum Mitglied emeritus ernannt. Seine Abhandlung auf dem Gebiet der modernen Religionen und religiösen Bewegungen ist weltweit anerkannt und erwiesenermaßen unangreifbar.



... Der Apostat hat für gewöhnlich das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Er ist bestrebt, seine eigene Vergangenheit neu zu kostruieren, um seine frühere Zugehöhrigkeit zu entschuldigen und diejenigen zu beschuldigen, die früher seine engsten Kameraden waren.
 

     In der Tat hat er mehr als 40 Jahre lang Untersuchungen über Bewegungen von religiösen Minderheiten in England und Übersee (u.a. in den USA, Ghana, Kenia, Belgien und Japan) geleitet. Er hatte Stellungen an Universitäten inne, galt weltweit als Gerichtsexperte für religiöse Strömungen, gab einige regelmäßig erscheinende religiöse Zeitschriften heraus und veröffentlichte neun Bücher über religiöse Minderheitenbewegungen.

     Professor Wilson hat kürzlich eine soziologische Analyse des „Phänomens der Apostaten” (griech.: „apo”... weg von ... und „stanai” ... stehen) veröffentlicht, also über frühere Mitglieder einer Religion, die ihren Glauben und/oder dessen Ausübung aufgegeben haben und eine kämpferische Position gegenüber ihrem früheren Glauben einnehmen. Die Apostasie (Glaubensabwanderung) ist ein verbreitetes Phänomen in der Geschichte der jüdisch-christlich-moslemischen Tradition.

     „Es hat dramatische Vorfälle in großer Zahl gegeben, wie im sog. ‘großen Schisma’ der östlichen (orthodoxen) und der westlichen (katholischen) Kirche und durch das Auftauchen des Protestantismus und der Reformation”, schreibt er, „hinsichtlich der großen Gruppe von Abtrünnigen im Christentum, die aus eben diesem Schisma hervorgegangen ist. Es ist offensichtlich, daß Apostasie weitverbreitet war und häufig aufgetreten ist.

     ... Im späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert, in einer Zeit der Krise im Christentum, gab es einige berühmte Fälle von Apostasie in der röm.-kath. Kirche. Sie traten in dieser Kirche wegen der Härte der Anforderungen an den Glauben und dessen Ausübung, wegen des Widerstandes der Kirche gegen eine moderne Einstellung in Erscheinung und besonders deshalb, weil die hingebungsvollsten der Anhänger ermutigt wurden, in klösterliche Orden oder Kongregationen einzutreten. Einige schauerliche Geschichten des Klosterlebens, die angeblich mit abtrünnigen Mönchen und Nonnen zusammenhingen, stellten sich als weitgehend erfunden heraus, wurden aber häufig von anti-katholisch propagandistischen Medien dieser Zeit benützt.

     ... Der Apostat hat für gewöhnlich das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Er ist bestrebt, seine eigene Vergangenheit neu zu konstruieren, um seine frühere Zugehörigkeit zu entschuldigen und diejenigen zu beschuldigen, die früher seine engsten Kameraden waren. Nicht selten studiert er eine Greuelgeschichte ein, um zu erklären, wie er durch Beeinflussung, Betrug, Zwang oder Täuschung veranlaßt wurde, in eine Organisation einzutreten oder dort zu verbleiben, der er nun abschwört und die er verurteilt. Apostaten, von der Presse groß herausgebracht, versuchen gelegentlich, Profit aus Erzählungen über ihre Erfahrungen zu schlagen, indem sie Geschichten an Zeitungen verkaufen oder sie als Bücher herausbringen.

     ... Weder der objektive soziologische Forscher noch ein Gerichtshof können, ohne zu zögern, den Apostaten als glaubwürdige oder zuverlässige Quelle von Tatsachen betrachten. Er muß immer als jemand angesehen werden, der durch seine persönliche Geschichte hinsichtlich seiner früheren religiösen Verpflichtung einerseits und seiner früheren Kameraden andererseits zu Vorurteilen neigt. Es kommt der Verdacht auf, daß er aus einem persönlichen Motiv heraus handelt, um sich zu rechtfertigen und seine gute Meinung von sich selbst wiederherzustellen, indem er sich vormacht, zuerst ein Opfer gewesen zu sein, um sich hinterher als erlöster Held zu fühlen.


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