K.O. STATT O.K.
JU unterliegt in letzter Instanz gegen Scientology
Das merkwürdige Rechtsverständnis des Münchner JU-Vorsitzenden Rasso Graber trifft beim Oberlandesgericht München auf wenig Verständnis. Eigentlich auf überhaupt keines. Das musste der 28-jährige Jungpolitiker gerade wieder erfahren.
Grabers Vorgänger Joachim Haedke hatte vor zwei Jahren Werbefirmen mit einem Boykottaufruf gedroht, sollten sie sich die unternehmerische Freiheit nehmen, Werbung für einen Buchverlag der Scientology Kirche zu schalten. Obwohl bereits das Landgericht München die Haedke-Aktion als eindeutig rechts- und verfassungswidrig eingestuft hatte, führte Graber die Junge Union in die Berufungsverhandlung vor das Oberlandesgericht. Hier ginge es schließlich, so der damals frisch gewählte JU-Chef, um „das Grundrecht der Meinungsfreiheit“. „Das Recht wird dem Unrecht nicht weichen!“, prophezeite er außerdem in einer Presseerklärung. Das Oberlandesgericht konnte dem nur zustimmen und verurteilte die JU im November 2001 erneut in vollem Umfang zur Unterlassung rechtswidriger Boykottaufrufe.
Aber statt aus der teuer bezahlten gerichtlichen Nachhilfe zu lernen, ignorierte der Jurist Graber sie ganz einfach. Zwar ließ er die Boykottdrohungen augenscheinlich aus dem Online-Angebot der Jungen Union herausnehmen, aber nur, um sie im „Archiv“ der JU-Website weiterhin jedermann zugänglich zu machen. Auch hier musste erst wieder das Oberlandesgericht bemüht werden, um Sinn und Zweck des ursprünglichen Urteils zu verdeutlichen.
Das tat das OLG am 11. November 2002 dann auch nachhaltig: Es erklärte die streitgegenständliche Archiv-Veröffentlichung als objektiven Verstoß gegen ein Unterlassungsurteil und verhängte auch gleich noch ein Ordnungsgeld von 1000 Euro gegen die Junge Union, weil sie dem ursprünglichen gerichtlichen Verbot weiterhin zuwidergehandelt habe.
Ob das hilft, tiefere Einsichten oder gar Unrechtsbewusstsein bei den verantwortlichen JU-Funktionären zu bewirken?
Dafür ist das Urteil rechtskräftig. Vielleicht hilft das wenigstens.