„...wie ein Reh mit dem Löwen in der Steppe allein“
Die unselige Rolle psychiatrischer Gutachter in den Medien
Mit 16 Jahren tötet Rolf Diesterweg ein 12-jähriges Mädchen. 18 Jahre und etliche Sexualstraftaten später missbraucht und erdrosselt er die 10-jährige Kim Kerkow (oben). In einem fast 400 Seiten starken Gutachten attestiert ihm der Prozess-Psychiater „verminderte Steuerungsfähigkeit“ wegen „sadistischer Perversion“. Der Richter durchschaut das Blendwerk: Diesterweg erhält lebenslänglich. |
Viele Menschen in Deutschland erinnern sich an den Fall Kim Kerkow. Noch während zahlreiche Bundesbürger mit den verzweifelten Eltern der ermordeten Natalie Astner trauerten und die Medien der Frage nachgingen, wie es dazu kommen konnte, schlug Rolf Diesterweg zu. Der einschlägig vorbestrafte, therapierte und begutachtete Sex-Mörder missbrauchte und tötete die kleine Kim.
Wie in ähnlichen Fällen schlug jetzt erst recht die Stunde der Täter hinter den Tätern. Hemmungslos und per Ferndiagnose durften psychiatrische und psychologische Gutachter in den Medien kundtun, was bei Diesterwegs Entlassung offenbar übersehen worden war, dass er nämlich „in vielen Zügen dem Erscheinungsbild eines psychopathischen Serienkillers“ entspräche: „Gewinnendes Äußeres, nach außen unterhaltsam, charmant, perfekt angepasst...“ – ganz klar, ein Serienmörder eben. Für ausgedachte Profile dieser Strickart lassen sich psychologische und psychiatrische Experten gut bezahlen.
Es braucht niemanden zu wundern, dass in einem solchen Umfeld der Postangestellte „Dr. Dr. Bartholdy“ jahrelang als hoch angesehener Klinik-Psychiater fungieren konnte, ausgestattet nur mit Worthülsen, ohne dass seine Qualifikation im „Kollegenkreis“ auch nur im geringsten angezweifelt wurde.
Kim war, als sie starb, „wie ein Reh mit dem Löwen in der Steppe allein“; so hatte es eine Klassenkameradin ergreifend in einem Abschiedsgebet geschrieben. Wie viele solche Löwen es in der Gesellschaft gibt, „geheilt“ und „ungefährlich“, das weiß niemand – am wenigsten aber die Gutachter, die sie auf freien Fuß setzen.
Verantwortliche Journalisten müssen umdenken. Es gibt keinen Grund, auch noch in den Medien ein Forum zu bieten für den pseudowissenschaftlichen Humbug psychiatrischer und psychologischer Gutachter.