Büroleiterin will gegen sie gerichtetes Strafverfahren nicht ausweiten
(Hamburg) Neben Korruptionsvorwürfen muss sich Ursula Caberta, Leiterin der Hamburger „Arbeitsgruppe Scientology“, seit rund einem Jahr auch mit der Schadenersatzklage eines Scientologen auseinandersetzen.
Der in Amerika lebende Deutsche Hubert Heller, ein Computerspezialist, hatte Ursula Caberta vor dem United States District Court in Tampa im US-Bundesstaat Florida auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 75.000 US Dollar verklagt.
Heller ist ein Opfer des berüchtigten „Sektenfilters“ (siehe Kasten Seite 5, „Skandalchronik...“.), den Ursula Caberta an einen seiner deutschen Geschäftspartner weitergeben ließ.
Mit Betreten US-amerikanischen Bodens letztes Jahr hatte sich Caberta der US-Gerichtsbarkeit unterzogen, wähnte sich aber unter dem Schutz des Federal Sovereign Immunities Act, eines Immunitätsgesetzes, das sie für sich als Angestellte des Hamburger Innensenats glaubt in Anspruch nehmen zu können. Die Gewährung dieser Form politischer Immunität unterliegt jedoch einer wesentlichen Einschränkung: Sie kann nach amerikanischem Recht nicht beansprucht werden, wenn das jeweilige Handeln von illegalen oder finanziellen Interessen getragen war – und genau das behauptet der Kläger in diesem Fall.
Das zuständige US-Gericht jedenfalls ordnete die eidliche Einvernahme Cabertas im Hamburger US-Generalkonsulat an – ein Novum, für das es bislang keinen vergleichbaren Fall gibt.
Wie kam es dazu? Caberta war im Juli letzten Jahres in Florida, um vor Ort die Anti-Scientology Aktivitäten des US-Millionärs Robert Minton zu unterstützen, also des Mannes, der unter Verdacht steht, Caberta mit einer bisher von ihm nicht bestrittenen Summe von mehr als 100.000 Mark bestochen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt in diesem Zusammenhang sowohl gegen Minton als auch gegen Caberta, die sich seit Aufdeckung des Skandals auf den Standpunkt stellt, die Zahlung Mintons sei „privat“ gewesen. Bisher aber ist noch kein korrupter Beamter bekannt geworden, der Bestechungsgelder nicht „privat“ eingesteckt hätte.
Vor diesem Hintergrund forderte das US-Gericht die Einvernahme Cabertas, um mehr Details über das Minton-„Darlehen“ zu erfahren – zur Klärung eben jener Immunitätsfrage, auf die sich Caberta im Heller-Schadenersatzverfahren beruft.
Die sonst so mitteilungsfreudige Senatsangestellte wehrte sich mit Händen und Füßen. Noch zwei Tage vor der geplanten Einvernahme musste ein US-Gericht in Tampa zum dritten (!) Mal einen Antrag eines Anwalts der Hamburger Senatsangestellten ablehnen, in dem dieser den Termin im US-Generalkonsulat verschieben lassen wollte. Am 26.7.2001 schließlich erschien Ursula Caberta dann doch zur eidlichen Vernehmung, in Begleitung eines US-Anwalts und ihres Stellvertreters Hintze.
Verärgert und durcheinander verlies sie immer wieder den Ort des Geschehens und musste von ihrem Anwalt wiederholt dazu bewogen werden, die Einvernahme bis zum Ende fortzusetzen.
Keinesfalls überraschend: Caberta verweigerte die Antwort auf alle Fragen zu Details ihrer finanziellen Beziehung mit Robert Minton. Zur Begründung führte sie deutsches Recht an: Gegen sie sei ein Strafverfahren anhängig und sie wolle hier nicht die Möglichkeit einer Ausweitung dieses Verfahrens eröffnen. Darüber hinaus zog sie sich auch auf die nach deutschem Recht für Staatsbedienstete übliche behördliche Genehmigung zur „eingeschränkten Zeugenaussage“ zurück.
Im Gegensatz zum deutschen Prozessrecht erlaubt US-Recht aber die uneingeschränkte Erforschung und Klärung eines Sachverhalts, vor allem bei Leuten, die etwas zu verbergen haben. Und die Einvernahme wurde nach amerikanischem Recht und auf amerikanischem Boden geführt.
Kein Wunder also, dass der US-Anwalt der Gegenpartei wenig Wert auf Cabertas Selbsterhaltungstrieb legte und schlichtweg die ganze Wahrheit hören wollte – die er nicht zu hören bekam. Er kündigte am Schluss der Einvernahme eine gerichtliche Erzwingung der ausstehenden Antworten an sowie eine Fortsetzung der eidlichen Einvernahme vor dem US-Bundesgericht in Florida.
In jedem Fall kann das US-Bundesgericht Cabertas Aussageverhalten zu ihren Ungunsten auslegen und ihr die beanspruchte Immunität selbst als deutsche Staatsbedienstete verwehren.
Der Anwalt des Klägers will auch eine Sanktion gegen Ursula Caberta in Höhe von rund 50.000 Mark beantragen – wegen ihrer Aussageverweigerung, die einer Missachtung der hier zuständigen amerikanischen Gerichtsbarkeit gleichkommt.
Ob Caberta allerdings mit Geldstrafen beeindruckt werden kann, ist im Lichte neuer Erkenntnisse mehr als fraglich: Während ihrer Vernehmung kam nämlich auch heraus, dass ihre gesamten US-Anwaltskosten von der Stadt Hamburg getragen werden – und somit vom Steuerzahler.
Offen bleibt die Frage, ob die Stadt auch hohe Schadenersatzansprüche von Caberta-Opfern begleichen wird, sobald ein Gericht dem Anspruch stattgibt. Letzteres liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Bei Fragen der Diskriminierung spaßen die Amerikaner bekanntlich nicht, haben sie doch aus ihrer Vergangenheit der Rassendiskriminierung und der McCarthy-Ära gelernt.
Im Umfeld des Caberta-Büros steht dieser Lernprozess offenbar noch aus. Die grundlegende Frage beibt: Ist Cabertas ungesetzliche Kampagne gegen Scientology durch ihre eigene religiöse Intoleranz und ihre Publicity suchtmotiviert oder durch die heimlich gezahlten Gelder des Amerikaners Minton?
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