Teure Studie verschwindet oder: Über die Kunst, Steuergelder zu verjubeln

Hunderttausende Mark wurden im Jahre 1981 für ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten verschleudert. Das Gutachten war vom Europäischen Zentrum für Soziale Wohlfahrt und Forschung in Wien erarbeitet worden. Es verschwand still und leise in einer ministeriellen Schublade, da es nicht die von den Auftraggebern erhofften Ergebnisse enthielt. Die umfassende Forschungsarbeit des Zentrums hatte nämlich festgestellt, daß ein nichtexistentes Problem mit einem enormen Kostenaufwand bekämpft worden war.

Die Wiener Wissenschaftler schlugen unter anderem vor: „Aus unserer Sicht muß eine Information über die neuen religiösen Bewegungen drei Kriterien erfüllen: Sie muß ausgewogen, sachlich und selbstkritisch sein. Ausgewogen heißt, nicht durch Anhäufung negativer und Auslassung positiver Aspekte das Bild zu verzerren, heißt, den Beobachtungen die Bedeutung zuzumessen, die ihnen innerhalb der Gruppe zukommt, und nicht jene, die in das Interpretationsschema des Beobachters passen. Es dürfen nicht einzelne Vorkommnisse als typisch hingestellt werden, bestimmten Lebensregeln nicht eine Bedeutung zugesprochen werden, die sie nicht haben, Perspektiven dürfen nicht verzerrt werden.”

Nachdem einige übereifrige Politiker bereits fest in ihren unsinnigen Ideen verhaftet waren und sich öffentlich einem festen „Aktionsplan” verpflichtet hatten, grenzte es natürlich geradezu an Frevel, einen objektiven Standpunkt zu fordern. Während einer Diskussion in Wetzlar wurde der Repräsentant und „Sektenexperte” der Bundesregierung, Norbert Reinke, gefragt, warum die „Wiener Studie” niemals veröffentlicht worden sei, nachdem sie ja mit einem riesigen Aufwand an Steuergeldern produziert worden war.

Seine Antwort war eine Beleidigung für jeden Zuhörer mit Sinn für Logik und demokratischem Verständnis: Die Ergebnisse der Studie seien unbrauchbar, weil die Wissenschaftler im Rahmen ihrer Forschungsarbeit auch Mitglieder der betroffenen Gemeinschaften befragt hätten(!). Reinkes Vorurteil ist unumstößlich: „Jedermann weiß, daß Sekten eine Gefahr sind.” Tatsachen, die das Gegenteil belegen, dürfen somit keinesfalls auch nur in Erwägung gezogen werden. Dies ist eines der immer wiederkehrenden „Argumente” Reinkes und seinesgleichen, die – ungeachtet einer überwältigenden Beweislage zugunsten der betroffenen Gemeinschaften – ihren Lebensunterhalt weiter mit der Bekräftigung von Vorurteilen bestreiten.

Keiner von ihnen besitzt die Größe oder die Fähigkeit, Vorurteile als solche zu erkennen und zu korrigieren. Es ist offenbar leichter für sie, diejenigen anzugreifen, die ihre Unvoreingenommenheit in Frage stellen.

Diese leidvolle Erfahrung machten viele Wissenschaftler, die sich daran machten, Minderheitsreligionen mit derselben Objektivität und faktenorientierten Methodik zu untersuchen, die normalerweise bei allen Forschungsgegenständen angewendet wird.

Panikmache als Geschäft

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 10. Juni 1995 stellt Professor Seiwert fest: „Es ist verständlich, daß in Kreisen der Sektengegner erhebliche Vorbehalte gegen religionswissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet bestehen. Gefragt ist nicht wissenschaftliches Bemühen um Sachlichkeit und Objektivität, sondern Parteilichkeit. Wer nicht nur mit ehemaligen, sondern auch mit aktiven Sektenmitgliedern spricht, ohne sie zugleich als fehlgeleitete Paranoiker zu betrachten, wird schnell der ,Sympathisantenszene’ zugerechnet. Nicht verständlich ist freilich, daß auch staatliche Stellen sich diese Vorbehalte gegen religionswissenschaftliche und sonstige empirische Forschung zu eigen gemacht haben und glauben, auf wissenschaftlichen Sachverstand verzichten zu können. . . . Es ist verhängnisvoll, wenn jede religiöse Gruppe außerhalb der Volkskirchen als ,Sekte’ bezeichnet und pauschal vor der ,Sektengefahr’ gewarnt wird. Das ist nicht Aufklärung, sondern Panikmache.”



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