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er offenbar jahrzehntelang währende Geldwäsche-Skandal der CDU hat nicht nur das Vertrauen in die Politik schwer erschüttert, sondern auch dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland nachhaltigen Schaden zugefügt. Allerdings wird dabei nur allzu leicht übersehen, daß die gleichen Politiker, die jetzt knietief im Sumpf aus Schmiergeldern und Schwarzkonten stecken, schon einige Jahre früher den internationalen Ruf unseres Landes massiv schädigten, als sie die Verfassungsschützer als Stasi mißbrauchten und die Scientologen unter Beobachtung stellten. Die geheimdienstliche Überwachung einer Religionsgemeinschaft stellt einen Tiefpunkt des demokratischen Umgangs und Miteinanders dar und markiert den Beginn einer beispiellosen Verrohung der politischen Sitten gegenüber einer Minderheit, wobei die staatlich geförderte Verleumdung und Diskriminierung zur Regel gemacht wurden.
Aus heutiger Sicht kann man sagen, daß die Vollstrecker von damals nun genau jener Straftaten überführt sind oder beschuldigt werden, die sie einst den Scientologen wahrheitswidrig in die Schuhe schieben wollten. Gemäß der alten Volksweisheit, wonach der „Sünder“ lauthals aus der Anklage spricht, waren Anzeichen für die momentanen Politskandale schon lange deutlich zu erkennen. Die Entscheidung, unbescholtene Bürger zu bespitzeln, wurde, wie wir heute wissen, im Schatten von Korruption und „Regierungskriminalität“ gefällt, und zwar von Politikern, die alles andere als saubere Hände haben und bewußt gegen die Verfassung, die sie vorgeben zu schützen, verstoßen haben.
Norbert Blüm, langjähriger stellvertretender Vorsitzender der CDU und einer der treuesten Weggefährten von Ex-Kanzler Helmut Kohl, ließ als Bundesarbeitsminister Firmen im Besitz von Scientologen in den Datenbeständen der Arbeitsämter mit einem „S“ kennzeichnen und bezichtigte die Scientology Religion der „Geldwäsche“, ohne jemals den geringsten Anhaltspunkt dafür zu nennen.
Jetzt mußte sich seine eigene Partei, deren Geschicke er jahrelang als Vorstandsmitglied mitbestimmte, Vorwürfe wie „organisierte Kriminalität“, „Geldwäsche im Mafiastil“ und Schlimmeres gefallen lassen, wobei DIESE Vorwürfe bekanntlich nicht der Grundlage entbehren.
Kein Wunder also, daß Blüm sich nun still und leise aus der aktiven Politik zurückzieht und sich wenigstens nach außen hin von seinem politischen Ziehvater Helmut Kohl mit eher mehrdeutigen Worten distanziert hat: „Helmut Kohl war mein Freund. Er hat das Wir-Gefühl in der CDU zerstört.“
„Das Amt beobachtet Scientology, obwohl mittlerweile alle wissen, daß Scientology keine Gefahr für die Bundesrepublik ist.“
Abgeordnete Renate Künast in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 26. April 2000, als Teil ihrer Begründung, warum das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz überflüssig ist. Renate Künast ist Fraktionssprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus und Mitglied im Verfassungsschutzausschuß.
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Thomas Schäuble, CDU-Innenminister in Baden-Württemberg, gilt zusammen mit seinem bayerischen Kollegen Günther Beckstein als härtester Verfechter polizeistaatlicher Maßnahmen gegen gesetzestreue Bürger, die von ihrem Grundrecht auf die Wahl einer eigenen Religion oder Weltanschauung Gebrauch machen. Er ließ es auch zu, daß der ihm unterstellte baden-württembergische Verfassungsschutz die von der Verfassung festgelegten Grenzen bei weitem übertrat und in Sachen Scientology sogar einen Agenten in die benachbarte Schweiz abstellte. Der schwäbische Spion wurde verhaftet und Ende 1999 wegen geheimdienstlicher Tätigkeit in der Schweiz verurteilt.
Thomas Schäuble ist aber auch der Bruder des zurückgetretenen CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble. Als dieser wegen seiner Verstrickung in die illegalen Millionenschiebereien der CDU seine Stellung nicht mehr halten konnte, streute Bruder Thomas der Öffentlichkeit Sand in die Augen, indem er Kohl die Alleinschuld zuschob („Ich verabscheue Herrn Kohl“). Dieses Manöver ist wenig glaubhaft, da anzunehmen ist, daß innerhalb des christdemokratischen Familienclans auf Machtpositionen nur solche Parteigänger zu finden sind, die als „zuverlässig“ gelten und die schmutzigen Methoden zum eigenen Machterhalt zumindest stillschweigend dulden, wenn sie diese schon nicht selbst mitmachen.
Günther Beckstein, CSU-Innenminister in Bayern, und die gesamte bayerische CSU verhalten sich auffällig ruhig, obwohl der nach Kanada geflüchtete Waffenhändler Karlheinz Schreiber noch immer CSU-Mitglied ist und dem bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber gedroht hat, „noch mehr zu enthüllen“. Beckstein, der nicht zweimal überlegt, wenn es darum geht, gnadenlos gegen unbescholtene Bürger vorzugehen, schweigt zu seinem Parteifreund Holger Pfahls, der wegen Bestechung in Millionenhöhe und wegen Steuerhinterziehung gesucht wird. Pfahls, ehemaliger Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hat sich nach Fernost abgesetzt. Wie sehr er dabei von seinen politischen Freunden unterstützt wurde, bleibt noch zu untersuchen. Gesetzesverstöße bei CDU und CSU rechtfertigt Beckstein mit vieldeutigen Äußerungen wie „ich kenne nur eine Person, die frei von Schuld ist. Das ist meine Frau.“ Es ist der untaugliche Versuch, Schuld und Verantwortung so sehr zu verwischen, daß kein Licht mehr auf einen selbst fällt.
Dies sind nur einige Beispiele aus einer langen Liste von „Sündern“, deren Schuld laut aus der Anklage sprach, ohne daß dies rechtzeitig gehört wurde.
Es geht dabei freilich nicht nur um Parteien und Finanzskandale. Das gleiche Prinzip wiederholt sich unter anderen Vorzeichen. Belegt wird das anschaulich durch das Fiasko, das der Berliner Verfassungsschutz erlebte, als er einen ehemaligen Stasi-Spitzel als Informanten gegen Scientologen einsetzte. Die von dieser „Quelle“ verbreiteten falschen Berichte führten dazu, daß das Leben eines Berliner Polizeidirektors fast zerstört wurde – mit deutlichen Folgen auch für die Geheimdienstler vom Berliner Landesamt für Verfassungsschutz. Untersuchungen hoben ein Schlangennest mit früheren Stasi-Mitarbeitern aus. Es stellte sich heraus, daß dieses Amt alles schützt, nur nicht die Verfassung, und selbst dabei noch so hoffnungslos unfähig ist, daß kürzlich deren Auflösung als selbständige Behörde beschlossen wurde.
Fazit: Diejenigen, die willkürlich mit dem Zeigefinger der Beschuldigung auf andere zeigen, haben oft die meisten Leichen im Keller.
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